Grundschule | 6–10 Jahre

Pädagogischer Hintergrund

Zu wissen, wie man lernt, ist in einer rasch verändernden Gesellschaft wichtiger als reproduziertes auswendig gelerntes Detailwissen. Komplexe Handlungs- und Denkvorgänge werden in einzelne Sequenzen zerlegt und über verschiedene Sinnes- und Bewegungserfahrungen im Umgang mit dem Material begriffen, wiederholt geübt und eingeprägt.

„So muss das Kind zu einer größeren Gesellschaft in Beziehung treten. Die von der Welt abgeschlossene Schule, so wie sie heute verstanden wird, kann dem Kind nicht mehr genügen. Etwas fehlt dort zur vollen Entfaltung seiner Persönlichkeit. Wir stellen bei ihm eine gewisse Rückentwicklung fest. Äußerungen seines Charakters, die wir als Anomalien bewerten: Es sind ganz einfach Reaktionen auf eine ihm unzureichend gewordene Umgebung.“ (M. MONTESSORI, Von der Kindheit zur Jugend, Freiburg, 1973, 27)

Eine veränderte Kindheit, wie sie heute zu konstatieren ist, erfordert in ganz bestimmter Richtung pädagogische Konsequenzen. Der BUNDESGRUNDSCHULKONGRESS führt u. a. folgende Punkte an, die die veränderte Situation bestimmen und benennt notwendige pädagogische Folgerungen, die für GS + HS heute gelten und wichtig sind.

  • demokratischer, partnerschaftlicher Erziehungsstil
  • mehr Gelegenheit zu selbstverantwortetem Lernen
  • größere soziale Schere arm/reich, verstärkte Differenzierung
  • Zunahme der Einzelkinder und Scheidungswaisen Schule als Stätte sozialer Begegnungen
  • Einschränkungen im natürlichen kindlichen Lebensbereich Zeit für Naturerlebnisse, Spielen, entdecken
  • Zunahme des Konsums allgemein,speziell des Medienkonsums Entwicklung der Sinnesempfindungen und Förderung der Eigenaktivitäten.

Die von großen Teilen der Fachwelt anerkannten und geforderten Schlüsselqualifikationen und Fähigkeiten, gehen über rein fachliche Fertigkeiten und Kenntnisse weit hinaus. Im folgenden sind nur einige beispielhaft genannt, um damit das aktuelle öffentliche Interesse an unserem Schulprojekt zu begründen:

  • die Fähigkeit zu und die Freude am lebenslangen Lernen;
  • die Fähigkeit Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen;
  • die Fähigkeit zu Verständigung, Zusammenarbeit und Solidarität;
  • die Fähigkeit, Mitverantwortung zu übernehmen; die Fähigkeit sich eigene Ziele zu setzen.

Diese Aussagen, die selbstverständlich nur einen sehr knappen Auszug der öffentlichen und fachlichen Diskussion im pädagogischen Bereich wiedergeben, bezeugen das aktuelle Interesse an und für eine Schule, die unseren konzeptionellen Vorstellungen entspricht.

Die Umsetzung der Pädagogik Maria Montessori

Wie lernt das Kind?

Das Kind entwickelt sich in der vorbereiteten Umgebung. "Für uns muss gerade die Umgebung dem Kind angepasst werden, und nicht das Kind soll sich einer vorgefassten Umgebung anpassen" (M. M.)

Die bewusst gestaltete Umgebung in einer liebevollen Atmosphäre soll das Kind zur selbstbestimmten und konzentrierten Tätigkeit anregen. Dabei soll die jeweiligen Altersstufen berücksichtigt werden. Offen zugängliche Materialien fordern zur Eigenaktivität auf und regen die Kreativität an. Die freie Wahl der Arbeit bietet dem Kind die Möglichkeit, sich intensiv auf das Material einzulassen und neue Lernerfahrungen zu sammeln.

Maria Montessori beobachtete, dass Kinder die Fähigkeit haben, sich mit Dingen, die ihr Interesse wecken, mit äußerst gebündelter Konzentration zu befassen und sich nicht ablenken zu lassen. Das Montessori-Material erlaubt es den Kindern, selbständig zu arbeiten und Lernerfolge zu kontrollieren. Die Kinder "begreifen" so unmittelbar ihre Umwelt, mathematische Gesetze, sprachliche Zusammenhänge, handwerkliche Techniken und praktische Bewegungsabläufe.

Das Lernen in altersgemischten Gruppen - Das Lernen in altersgemischten Klassen

Überall in der Natur und in der menschlichen Gesellschaft leben, lernen und arbeiten mehrere Altersgruppen zusammen. Die Altersmischung spiegelt die Natürlichkeit im Zusammenleben wieder, wie es insbesondere die Familie zeigt, in der immer Menschen verschiedenen Alters leben. In Übereinstimmung damit und aus ihren Beobachtungen und Erfahrungen schließt Maria Montessori, dass das Lernen und Aufwachsen der Kinder am besten in altersgemischten Gruppen gelingt.

In einer altersgemischten Klasse findet natürliches Lernen statt. Dabei profitieren sowohl die Jüngeren von den Älteren als auch umgekehrt. Die jüngeren Schüler sehen, was ältere schon können und werden dadurch motiviert – sie haben ein Ziel vor Augen, das sie erreichen wollen.

Jedes Kind hat bessere Entwicklungsmöglichkeiten, da es nach seinem eigenen Tempo im Lernprozess voranschreitet. Begabte Kinder können im Lehrstoff schneller voranschreiten, leistungsschwächere Kinder haben die Möglichkeit an einem Thema länger und ausführlicher zu arbeiten und zu üben.

Ältere Schüler haben die Chance, durch praktische Vermittlung ihres Wissens an die jüngeren ihr Wissen zu vertiefen und Arbeiten zu wiederholen, in denen sie noch unsicher sind. Kinder zeigen oft ein besonderes Geschick im Erklären von Sachverhalten und -zusammenhänge, sie befinden sich auf unterschiedlichen Wissensebenen aber auf gleicher Verständigungsebene. Es entwickeln sich Lerngemeinschaften und Helfersysteme. Das Helfen wird als ganz natürlich angesehen. Die Schüler sind hierbei Lernende und zugleich Lehrende.

In einer jahrgangsgemischten Klasse durchlaufen die Kinder den Status des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters. Da sich die Gruppenzusammensetzung nach jedem Jahr ändert, kommt es auch nicht zu starren Rollenfestlegungen. Hieraus ergibt sich für den Schüler die Chance innerhalb der Klasse „aufzusteigen“. Durch die sich regelmäßig ändernde Gruppenzusammensetzung werden auch Regeln und Arbeitsstile wie selbstverständlich weitergegeben.

Eng verknüpft mit dem Lernen in altersgemischten Gruppen ist das soziale Lernen: "Die größte Vervollkommnung der Kinder wird durch die sozialen Erfahrungen erreicht." (M. M.)

Neben den Inhalten, welche die Kinder erarbeiten, ist uns ihre soziale Erziehung sehr wichtig. Die Erzieher wollen den Kindern helfen, sich zu einem verantwortungsbewussten, lebendigen, lustvollen Menschen zu entwickeln, der mit sich selbst und anderen Menschen liebevoll und aufmerksam umgeht.

Die Freiarbeit in altersgemischten Klassen bietet dem Kind die Möglichkeit, sich und seine Mitschüler in ihren Stärken zu erleben. Es erlebt Erfolg, indem es sich an seinen eigenen Fortschritten misst und an Mitschülern, die seinen eigenen Fähigkeiten entsprechen. Seine Schwächen lernt es wahrzunehmen und daran zu arbeiten. Darüber hinaus soll das Kind sich selbst und die eigenen Bedürfnisse kennen und diese vertreten lernen und ebenso die Bedürfnisse des anderen kennen, wahrnehmen und berücksichtigen lernen.

Jedes Kind sollte die Erfahrung machen,

  • dass es seine Sicht darstellen kann und diese angehört und ernst genommen wird.
  • dass es die Sicht des anderen ebenfalls anhören und ernst nehmen muss.
  • das sein Schmerz ernst genommen wird und es Trost und Hilfe findet.
  • dass ein Fehler vergeben und vergessen werden kann.

· dass ein Lösungsweg gemeinsam gefunden werden kann. In altersgemischten Gruppen finden Kinder auch leichter einen Weg, soziale Konflikte selbst zu lösen, ohne die Hilfe der Erwachsenen in Anspruch zu nehmen. Dabei fällt auch auf, dass Kinder anders reagieren als wir. Sie scheinen ein intuitives Gespür zu haben für echte Notsituationen, in denen Hilfe gefordert ist und für weniger gravierende Probleme, die sie ohne weiteres ignorieren können.

Die Erzieherinnen

Die Erzieherinnen wollen Helfer und Begleiter auf dem Weg des Kindes zu einer eigenständigen Persönlichkeit sein. Sie begegnen dem Kind mit Liebe, Achtung und Geduld und haben Vertrauen in seine Selbstentfaltungskräfte und in seine Fähigkeit, das Tempo seiner Entwicklung selbst zu bestimmen. Aufgabe der Erzieher ist es, das Kind zu beobachten, es anzuregen und es bei der Auswahl seiner Arbeit zu beraten. Die Erzieher führen die Materialien ein und bieten diese dem Kind an. Sie machen Aufzeichnungen über den Leistungsstand und das Sozialverhalten, sowie über die Lernfortschritte des Kindes. Statt einer Bewertung in Form von Zeugnisnoten erhält das Kind zur Mitte und am Ende des Schuljahres einen Brief, der es über seine Stärken und Schwächen informiert und Wege für die Zukunft aufzeigt.

Aufgabe der Erzieher ist es aber auch, Grenzen zu setzen. Wo nötig, greifen sie ein und bieten dem Kind Orientierungshilfen an. Gegebenenfalls schützen sie die Arbeit des Kindes vor Störungen durch andere Kinder "Wenn keine Autorität für die Kinder da ist, so haben sie keine Orientierung." (M. M.)

Damit die Erzieher Beobachter, Helfer und Begleiter für das Kind sein können, benötigen sie die Bereitschaft, sich selbst zurückzunehmen und sich in ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln.

Die Pädagogik Maria Montessori

1. Ziele der Schule

Durch die Montessori Pädagogik werden Bedingungen geschaffen, die es den Kindern ermöglichen, sich zu eigenständigen Persönlichkeiten zu entwickeln. Die von den Erziehern vorbereitete Umgebung soll ihr Interesse am Lernen wecken und es Ihnen ermöglichen, sich auf eine Tätigkeit zu konzentrieren. Die Kinder lernen, wie man lernt. Sie lernen sich selbst Ziele zu stecken, die Qualität ihrer eigenen Arbeit einzuschätzen und zu überprüfen, um so zum selbständigen Arbeiten fähig zu werden. Sie lernen, Verantwortung für sich selbst, für die Gemeinschaft und ihre Umwelt zu übernehmen, um sich auf das Leben in unserer modernen Gesellschaft vorzubereiten.

"Das Wertvolle im Leben ist die Entfaltung der Persönlichkeit und ihrer schöpferischen Kräfte" (Albert Einstein)

2. Die sensiblen Phasen

In der Schulkindphase von 6-12 Jahren erweitert das Kind seinen Aktionsbereich und lebt mehr in Gemeinschaften und Gruppen. Das Kind entwickelt verstärkt ein Gruppengefühl und schließt Freundschaften. Durch seine Arbeit gelangt das Kind zu einer Zufriedenheit mit sich selbst. Daraus entwickelt sich dann die spontane Zusammenarbeit mit anderen Kindern. Das Kind versucht seine eigene Rolle in der Klasse zu finden. Es lernt selbstständig zu handeln, findet darin Anerkennung und Wertschätzung und dies führt zur Entwicklung des Selbstwertgefühls. Es lernt eine realistische Selbsteinschätzung durch die Rückmeldung anderer Kinder und Erzieher. Besonders bedeutsam in der Schulkindphase ist die Fortentwicklung des Geistes zur Abstraktion. Das Kind entwickelt eine eigene Vorstellungskraft und ist nicht mehr an die sinnlichen Vorgaben des Materials gebunden.

Die Phase der Jugendzeit ist von der so genannten Pubertät gekennzeichnet. Charakteristisch sind einerseits die Selbstzweifel und andererseits die Selbstüberschätzung, das Schwanken zwischen Niedergeschlagenheit und Hochgefühl. Es ist eine Phase der Neuorientierung und der Rollenfindung. Dem Bedürfnis nach Schutz und Geborgenheit steht die Erlangung von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber. Die Abnabelung vom Elternhaus ist ein bedeutender Schritt in das junge Leben.